(von IM Frank Zeller)
Gut gemacht! Mit einer überzeugenden Mannschaftsleistung schlägt die „Zweite“ Gastgeber Biberach 5:3 und hievt sich dadurch aus dem Tabellenkeller. Mit 5:5 Mannschaftspunkten steht Deizisau II mitten drin, sollte mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben, und… wer weiß, vielleicht kann man nach oben noch ein Wörtchen mitreden, wo sich mittlerweile die vermutlich stärkste Mannschaft, Böblingen, als Spitzenreiter etabliert und die überraschend bislang führenden Gmünder abgelöst hat.

Eine Anreise nach Biberach in der Zeit der schlimmsten Schneestürme ist nicht so einfach… zum Glück war just am Sonntagmorgen eine Flaute bei der Schneeproduktion, so dass man relativ geschickt bei freien Straßen durch kam. Wie man von den „Einheimischen“ erfuhr, herrschte noch am Vortag/Vorabend schlimmstes Schneechaos auf den Höhenlagen (Biberach liegt im Schnitt auf 600 Meter ü.N.N.!). Kaum, dass die Partien begannen, fing es auch wieder an mit dem stürmischen Gestöber.
Dass uns in der „Alten Schule“ in ländlichen Stadtteil Rindenmoos durchaus behaglich zumute war, lag an den vielfachen bollernden Heizkörpern, der schließlich doch noch funktionierenden Nespresso-Maschine Holger Namyslos sowie dem leckeren Kuchen, den André Fischer zur glücklichen Feier seines Nachwuchses offerierte. Oder vielleicht auch deshalb, weil die Entwicklung auf den Brettern sich durchaus positiv für uns gestaltete.
Trotz Bestbesetzung Biberachs (die ersten acht Bretter wurden aufgeboten!) übernahmen die Deizisauer an mehreren Brettern die Initiative. Markus Brenner stand mit Schwarz schon ausgangs der Eröffnung besser, nachdem sein Gegner seinen Springer wie im Sweschnikow nach a3 manövrierte – ihm schien nicht aufgefallen zu sein, dass Schwarz nur …e6, statt …e5, spielte - und Markus nun mit …d5 den Springer auf a3 kalt stellen konnte.
Zwischendurch besaß Markus eine ausgezeichnete Isolanistellung, doch seine mangelnde Erfahrung mit diesem Stellungstyp ließ seine Vorsicht die Überhand gewinnen: er steuerte lieber einen schnellen Remishafen an. Ein gutes Ergebnis, zieht man auch in Betracht, dass sein Gegner deutlich mehr Elo besaß – dennoch etwas schade um die aussichtsreiche Position!
Ein weiteres Schwarzremis steuerte Marc Gustain bei. Sein Gegner spielte anspruchsvoll, aber sehr solide, und das Gleichgewicht war schwer zu stören. Des Einen Aktivität wog die bessere Struktur des Anderen auf, somit waren beide mit dem Friedensschluss zufrieden.
Interessante Sachen taten sich bei unserem Neuen, Robert Dabo-Peranic. Der bot im französischen Winawer-System ein interessantes Bauernopfer an, und zeigte, wie man davon profitieren kann, dass der schwarze Turm h8 zum Zuschauen verdammt ist: über die schwarzen Felder kroch er unwiderstehlich in die gegnerische Festung hinein und gewann sehr schön. Sein erster Sieg für Deizisau im zweiten Einsatz; glücklicherweise hinterließ der gestrige Gewaltmarsch durch Schnee und Eis keine bleibende Folgen: Robert war abends am Bahnhof Biberach angelangt, und entschloss sich, die „Beine zu vertreten“ und den Weg bis zum Hotel zu Fuß zurückzulegen. Der entpuppte sich dann doch als beinahe 5 km lang, und das durch ein wildestes Schneetreiben. Irgendwann verspürte seine linke Kopfhälfte nicht mehr, sie erschien wie abgefroren!
Zwischendurch endeten auch noch die Partien von Ovidiu Foisor und Valerij Bronznik mit der Punkteteilung. Beide standen eher besser, vor allem Valerij hatte man noch weitere Gewinnversuche zugetraut, doch in Anbetracht des insgesamt vorteilhaften Verlaufs fügten sich unsere Kollegen ins Remis.
Sebastian Fischer war der einzige, der schon ausgangs der Eröffnung mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Seine Wahl Stonewall, weil der Gegner seine sonst übliche Holländisch-Wahl, das Leningrader-System, erfolgreich ausbremste, erwies sich als ungewohnt und ungünstig. Zwischendurch brachte Sebastian ein interessantes Qualitätsopfer an, mit dem er den Trend gegen ihn brach und das Spiel komplizierte. Leider fand er in Zeitnot nicht die beste Wahl, vermied den Damentausch, um wenig später in einen Mattangriff des Gegners zu geraten. Somit stand das Match wieder Unentschieden, doch in den verbliebenen zwei Partien besaßen die Deizisauer, Alex Rempeli und ich selbst, je einen Mehrbauern und gute Gewinnchancen.
Den vorentscheidenden, wichtigen 4. Mannschaftspunkt holte ich selbst in der Zeitnotphase. Zwar konnte ich schon früh im Mittelspiel deutliche Vorteile ansammeln, doch ließ ich ein, zwei Chancen aus und der Vorteil blieb klar, aber überschaubar. In der beiderseitigen Zeitnot fand ich mich aber besser zurecht, und konnte den entscheidenden Schlag ansetzen. Auch für mich war es ein Novum: mein erster Sieg für Deizisau!
Nun stand es 4:3 für Deizisau, und während draußen das Schneetreiben langsam ermüdete und ermattete, verwertete Alex seinen Mehrbauernvorteil im Turmendspiel. Er hatte eine starke Partie gespielt, immer etwas Positionsvorteil bewahrt und meisterte auch die Verantwortung in der technischen Phase. Er konnte nach 5 Stunden den 5:3-Endstand sicherstellen.